Annonce: Das proletarische 1968

Unsere neue Broschüre: „Das proletarische 1968“ (ca. 120 Seiten) von Soziale Befreiung (Hg.) ist da. Die Broschüre könnt Ihr hier für 5-€ (inkl. Porto) über Onlinemarktplatz für Bücher booklooker.de bestellen.

Inhalt

Einleitung

„1968“ in Westeuropa

1. Frankreich
2. Italien
3. Dänemark

Der proletarische Klassenkampf in der BRD (September 1969 bis 1973)

1. Die Septemberstreiks 1969
2. Die frühen 1970er Jahre
3. Die wilde Streikwelle von 1973
4. Der IG-Metallstreik für den Lohnrahmentarifvertrag II von 1973

Die bundesdeutsche Lehrlingsbewegung

1. Die soziale Situation der Lehrlinge
2. Die Lehrlingsbewegung zwischen proletarischem Klassenkampf und
kleinbürgerlich-radikaler Straßenbewegung
3. Die Essener Lehrlingsbewegung
4. Die Hamburger Lehrlingsbewegung
5. Lehrlingsbewegung und institutionalisierte ArbeiterInnenbewegung

Einleitung

„Wenn wir ,1968‘ als eine Chiffre für die ,rebellische‘ Periode von etwa 1966 bis 1975 begreifen, dann handelte es sich nicht allein um eine Verbindung von Studentenrebellionen, sondern auch um wichtige Formen des Arbeiterkampfes. Manchmal gingen diese Äußerungen des Protests zusammen und manchmal auch nicht. Das bekannteste Beispiel für eine Koalition von Arbeitern und Studenten ist bekanntlich das Geschehen in Paris im Mai-Juni 1968. Dort schwächten die Studenten mit ihrem Aufstand zeitweise die Staatsmacht, woraufhin Arbeiter diese neue Situation nutzten, um die größte Streikwelle der französischen Geschichte zu initiieren. In Argentinien entwickelte sich die Radikalisierung in Universitäten und Fabriken mehr oder minder gleichzeitig bis zum Höhepunkt des Arbeiteraufstandes in Cordoba im Mai 1969. Auch in Italien entstanden im ,Heißen Herbst‘ 1969 Koalitionen zwischen Arbeitern und Studenten. Und 1974-75 wurden die Proteste gegen die Ne-Win-Regierung in Burma von einer Koalition von Arbeitern und Studenten getragen. Zudem gab es auch eine Anzahl von Massenprotesten, bei denen die Arbeiter ohne wichtige Unterstützung von Studenten – oder Studenten ohne wichtige Unterstützung von Arbeitern – ihren Unmut artikulierten. Der große Aufstand in Karatschi 1972 zum Beispiel, bei dem ein Teil der Stadt zur befreiten Zone wurde, war überwiegend eine proletarische Angelegenheit (wenn es auch schon zuvor im Oktober 1968 bis zum März 1969 einen kraftvollen Studentenprotest gegeben hatte), während das Ende der Militärdiktatur in Thailand 1973 vor allem das Resultat des Widerstands von Studenten war.“ (Marcel van der Linden, 1968: Das Rätsel der Gleichzeitigkeit, in: Jens Kastner/David Mayer (Hg.), Weltwende 1968? Ein Jahr aus globalgeschichtlicher Perspektive, Mandelbaum Verlag, Wien 2008, S. 23/24.)
In dieser Broschüre widmen wir uns dem proletarischen „1968“ in Westeuropa, besonders in Westdeutschland. Den proletarischen Klassenkampf, der „1968“ das staatskapitalistische Polen erschütterte, beschrieben wir in unserem Text Klassenkämpfe im staatskapitalistischen Polen in der Broschüre Schriften zum Klassenkampf II (Soziale Befreiung, Bad Salzungen 2013, S. 33-77.). Die sozialökonomischen Rahmenbedingungen von „1968“ beschreiben wir in einer weiteren Broschüre, die von uns in der nächsten Zeit herausgegeben wird. Hier sei nur so viel gesagt: Die Klassenkämpfe um „1968“ trugen mit dazu bei, dass der westeuropäische Kapitalismus in eine strukturelle Profitproduktionskrise geriet. Aber diese Klassenkämpfe blieben im reproduktiven Rahmen und die Bourgeoisie holte nach „1968“ zum „neoliberalen“ Gegenschlag aus.
Auch mit dem studentischen „1968“ werden wir uns an anderer Stelle noch mal ausführlicher beschäftigen. In dieser Broschüre streifen wir die französische, italienische und dänische Studierendenbewegung um „1968“, während wir die bundesdeutsche StudentInnenbewegung um diese Zeit hier ignorieren. Aber wir werden auf sie noch in einer anderen Broschüre zurückkommen. Zur klassenmäßigen Einordnung der Studierendenbewegung schrieben wir an anderer Stelle:
„Für die geistige Produktion von Kunst, Kultur und Wissenschaft der globalen bürgerlichen Gesellschaft spielt die kleinbürgerliche Schicht der Intellektuellen eine herausragende Rolle. Dabei ist es unerheblich, ob sie selbständig oder lohnabhängig sind. Auch wenn selbstverständlich die geistige Produktion im Kapitalismus gesellschaftlich ist wie jede menschliche Betätigung, ist diese jedoch wesentlich individualistischer organisiert als die materiell-praktische Warenproduktion. Besonders KünstlerInnen sind für ihren eigenwilligen Individualismus bekannt. Auch wenn viele kleinbürgerliche Intellektuelle ein sozial prekäres Leben führen, ist die gesamte soziale Schicht der Intellektuellen doch gegenüber dem Proletariat begünstigt, da die Produktion von Kunst, Kultur und Wissenschaft eine im Großen und Ganzen gegenüber der Lohnarbeit in der materiell-praktischen Warenproduktion eine privilegierte ist. Die kapitalistische Gesellschaft hat die Arbeitsteilung zwischen geistig-kultureller Tätigkeit und praktisch-materieller Produktion aus früheren Klassengesellschaften übernommen und modernisiert. Auch geistig/kulturelle Produkte werden im Kapitalismus mehr und mehr zu Waren und geistig/kulturelle Produktion zur Lohnarbeit. Die privilegierten Lohnabhängigen innerhalb der bürgerlichen Wissenschaft, Kunst und Kultur zählen wir zum lohnabhängigen KleinbürgerInnentum. Die freischaffenden KünstlerInnen gehören zu den produktionsmittelbesitzenden KleinbürgerInnen.
Weiter oben haben wir geschrieben, dass jeder Lohnabhängige, der eine Funktion ausübt, die ein Hochschulstudium erfordert, zum KleinbürgerInnentum zu zählen ist. Das Studium ist also für intellektuell begabte proletarische Kinder eine Möglichkeit in das KleinbürgerInnentum aufzusteigen. Doch im Wesentlichen reproduzieren sich durch das Studium die Bourgeoisie und das KleinbürgerInnentum. Wenn wir Studierende sozial einordnen ist ihr sozialer Familienhintergrund von einiger Wichtigkeit. Eine Studierende aus einer ArbeiterInnen-Familie, die, um ihr Studium zu finanzieren, nebenbei jobben muss, können wir zum proletarischen Teil der StudentInnen zählen. Allerdings lebt sie jetzt in einem sehr kleinbürgerlichen Milieu, der gewisse Auswirkungen auf ihr Bewusstsein haben kann. Außerdem befindet sie sich durch ihr Studium auf dem Weg ins KleinbürgerInnentum. Missglückt er – aus welchen Gründen auch immer – bleibt sie Proletarierin. Überhaupt zählen Studierende als werdende Intellektuelle zu deren unterprivilegiertesten Schicht. Insgesamt bilden aber Studierende ein kleinbürgerliches Milieu – wenn auch mit proletarischen Ausläufern. Diese soziale Charakteristik der Studierenden prägt auch Sein und Bewusstsein der verschiedenen StudentInnenbewegungen. Deshalb ist es schiere Sozialromantik wenn politisch linke StudentInnen fordern, dass sich Studierende als Teil der ArbeiterInnenklasse fühlen sollten. Demzufolge wissen sozialrevolutionäre StudentInnen, dass das Milieu, dem sie selbst angehören, durch und durch kleinbürgerlich ist.“ (Nelke, Globale Klassenkämpfe (2008-2013), Soziale Befreiung, Bad Salzungen 2014, S. 24/25.)

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